Vor der Rache, kommt die Ursache – und von dieser erzählen Stephen Desberg und Enrico Marini in diesem Vorgängerband zu „Der Stern der Wüste“.
Auf Kollisionskurs ohne Kurskorrektur
Ein Indianerstamm, eine kleine Gruppe hoffnungsvoller Siedler und eine Bande kleinkrimineller Outlaws bilden das Zentrum dieser ebenfalls auf zwei Bände angelegte Geschichte. Dabei ist der Zusammenhang der drei Erzählwelten, der sich auch noch über eine knappe Dekade erstreckt, zuerst gar nicht wirklich ersichtlich. Allerdings ist das Zuschauen wie die Zahnräder nacheinander ineinander greifen dabei das Highlight des Bandes. Wie hängt die Geschichte des angehenden Medizinmannes „Morgenbrise“ und seine unerfüllte Liebe zu Stammes-Schönheit „Stern der Wüste“ denn tatsächlich mit dem ungewissen Schicksal und den untereinander zerstrittenen Outlaws zusammen? All das ergründet letzten Endes kein großes, erzählerisches Neuland, dieser zuerst geteilte Aufbau kann aber zu Beginn durchaus interessieren.
Alte Stärken, alte Schwächen
Wie auch bei den ursprünglichen zwei „Stern der Wüste“-Geschichten sind die antagonistischen Banditen als Figuren dabei besser entwickelt und interessanter zu verfolgen als die Hauptfiguren selbst. Immerhin entgeht der dritte Band diesmal der mies-motivierten Rachestory aus dem Vorgänger, kann allerdings auch die vorherigen Probleme bei seinen Protagonisten nicht lösen. Wo „Held“ Matt Montgomery schon unter schwachen Dialogen und Monologen zu leiden hatte, sind es diesmal die Ureinwohner Morgenbrise und Stern-Der-Wüste, die Plattitüden austauschen dürfen. Die sich entwickelnde Liebesgeschichte als Fundament ist dabei gar nicht so schlecht, allerdings findet Desberg kaum die richtigen Worte für seine Figuren – diese plärren entweder reine Exposition, gerne auch mal mit ihrem eigenen Namen vorangestellt, damit der Leser auch weiß, um wen es sich handelt oder schaffen es mit ihren Worte nur einen ihrer Charakterzüge zu vermitteln. Morgenbrise kommt dabei besser und ausdefinierter Weg, Stern-der-Wüste dagegen ist kitschigste Disney-Prinzessin, die nicht müde wird zu betonen wie unabhängig sie doch ist, um gleichzeitig doch kaum Eigeninitiative zu zeigen. Optisch allerdings macht der Band wieder eine ziemlich starke Figur, besonders die Stimmung in Momenten der Abendsonne oder nahe eines Lagerfeuers sind ausgesprochen atmosphärisch. Dagegen können die Momente in weiter Prärie fast schon etwas fad wirken, andererseits kann dieses „Nichts“ sehr gut die eigentlich ewigen, aber doch nie unendlichen Weiten Amerikas vermitteln – und ergänzt dadurch die Erzählung der europäischen Neuankömmlinge deren Hunger nach Land nie genug sein wird ausgesprochen gut.
Fazit:
Statt Fortführung also Prequel ist der dritte Band von „Stern der Wüste“ den eingefleischten (Western)-Fans empfohlen. Wer die Vorgängerbände mochte, bekommt hier mehr vom selben und dürfte mit ordentlich Western-Atmosphäre auch wieder genauso viel Spaß haben. Insgesamt macht aber auch der dritte Band zu wenig neu und zu viel grundlegendes nur unsauber, es fehlt an einer guten Charakterisierung und Innovationen beim Grundplot. Und gemessen an der Konkurrenz durch andere Comics aus dem Genre verblasst der Wüstenstern dann leider allzu schnell am Firmament.